
Der Schönheits-Weg
Ich wandle in Schönheit vor mir,
ich wandle in Schönheit hinter mir,
ich wandle in Schönheit unter mir,
ich wandle in Schönheit über mir,
ich wandle in Schönheit um mich herum.
Heute gehe ich in die Welt,
eine kühle Brise auf meinem Körper,
nichts möge mich hindern,
glücklich meinen Weg zu beschreiten.
Meine Worte werden voller Schönheit sein,
den ganzen Tag möge ich in Schönheit wandeln,
durch die wiederkehrenden Jahreszeiten möge ich in Schönheit wandeln.
Mit Morgentau an meinen Füßen folge ich meinem Pfad,
ich wandle in Schönheit vor mir,
ich wandle in Schönheit hinter mir,
ich wandle in Schönheit unter mir,
ich wandle in Schönheit über mir,
ich wandle in Schönheit um mich herum.
Im Alter möge ich auf einem Weg der Schönheit gehen,
wieder aufgerichtet und erneuert.
Meine Worte sind voller Schönheit.
Es ist vollendet in Schönheit.
Dieses Gebet / Segen ist nicht nur eine Meditation über äußere Schönheit, sondern vor allem ein Ausdruck des Wunsches, in Harmonie mit der Welt und dem eigenen Selbst zu leben. Jeden Tag und das ganze Leben. Es ist eine Lebensphilosophie der Navajo, die einlädt, Balance, Schönheit und Frieden zu erhalten. Parallelen sind im Dharma Weg des Buddhismus, in der abendländischen Ethik und christlichen Spiritualität sowie im Tikkun Olam der jüdischen Tradition zu finden.
Eine Ode an das Schöne
Walk in beauty - in Schönheit schreiten ist gleichermaßen ein Gebet, ein Mantra, ein Segen.
Eine spirituelle Ausrichtung auf den eigenen Lebensweg im Einklang mit der ursprünglichen Harmonie und Balance. Immer wieder eine Einladung, sich in der Welt zu beheimaten und eine Erinnerung, das Schöne zu würdigen und zu leben.
GottGöttin, die heilige Geistkraft, hat jedem Menschen eine Gabe gegeben. Ein Talent, ein Charisma, verborgen und beschützt in der Mitte des Herzens. Dieses zu erkennen und in die Welt zu bringen ist ein fortwährender Prozess, der (De-)Mut und Disziplin (Lernen, Üben) erfordert und bis zum Lebensende andauert, ein kontinuierliches Werden.
Glücklicherweise hat GottGöttin uns auch mit Körper und Geist die nötige Kraft geschenkt - wenn wir uns unseres Selbstes erinnern. Im Ayurveda ist die feinstoffliche Glückssubstanz Ojas bekannt. Übersetzt heißt es soviel wie „Strahlen, Kraft, Glanz“. Und dazu gibt es Agni, das innere Feuer, ein Teil der heiligen Geistkraft, sowie Prana, den lebensspendenden Hauch, im Hebräischen auch Ruach genannt.
Wir sind Geschöpfe und können schöpfen. Uns dem Schönen, der Schönheit widmen, die heilige Pflicht (Pflege) anerkennen, die uns auffordert, uns immer wieder zu läutern, zu klären, wie eine Bildhauerin das wegzunehmen was die innere Schönheit, die schöpferische Kraft verdeckt. Den inneren Schatz zu heben, das Schöne herauslocken. Dort, wo Gottgegebenes und Menschenmögliches sich berühren.
Gerade in Zeiten, in denen Negatives, Unschönes so übermächtig erscheint, das Wahre, Gute und Schöne entwürdigt wird, ist es zutiefst lebensnotwendig, nicht zu verzagen sondern sich mit den guten Kräften zu verbünden. Im Inneren wie auch im Außen. Eine Revolution der Schönheit ins Leben zu rufen.
Vom Erkennen des eigenen Selbstwertes hin zur Selbsttranszendenz ist es ein natürlicher Schritt. Einfach, aber nicht unbedingt leicht. So wie eine Kerze ihr Licht, eine Rose ihren Duft verströmt, so kann, bzw. möchte sich auch das schöne Eigene, die gegebene Gnade in die Welt verströmen.
Dafür braucht es Unterstützung, Fürsorge, Zuwendung. Die, die im Licht stehen, geben es weiter. Die, die im Schatten hocken, nehmen das Licht an.
Für sich selbst wie für die Mitwelt und ganz besonders für die Kinder und jungen Menschen, die dabei sind, ihre Wege ins Leben finden.
O quam mirabilis! O wie wunderbar! wusste schon Hildegard von Bingen um die Kostbarkeit der menschlichen Existenz auf dieser Erde.
Wie wäre es, sich herzerfüllend an Schönheiten zu erfreuen? Am Morgenrot, dem Gesang der Amsel, dem Geruch von Kaffee, am Anblick eines geliebten Menschen? An einem Musikstück, einem Bild? In der Schönheit der Stille geborgen zu sein? Wie wäre es, die Herzensgaben überfließen zu lassen, in kleine alltäglichen Schönheiten und auch im großen Schönen? Und auch dann und wann im Alltag einen Moment innehalten, verweilen und staunen? Wie wäre das?
Schönheit berührt das Herz, ist Medizin für Leib und Seele, schenkt Resilienz, Trost, Erneuerung. Schönheit kann das Bewusstsein erweitern, ein Wohlgefühl im Körper bewirken und auf die Epigenetik und innere Chemie positiv einwirken können. Schönheit lädt ein, dem Leben intim, innig und neugierig zu begegnen.
Als Helferinnen können auch die Musen gerufen werden. Sie lieben das Schöne und verwöhnen uns mit Muße, inspirieren mit Poesie und beschenken uns mit ihrem Segen.
Schön ist auch das Lied „How could anyone ever tell you, you're anything less than beautiful" von Libby Roderick, online in unterschiedlichen Interpretationen zu finden.
Du hast in dir den Himmel und die Erde. Und die Farben deiner Seele. Mögest auch du in Schönheit wandeln.
Amen. So sei es.
27. September 2025
